Sand in Sicht

Mit satten 300 Tonnen Ladung fährt das Ledischiff MS Grynau der JMS beinahe täglich vom Kieswerk in der Grynau bei Uznach zu den verschiedenen Umschlagplätzen am Zürichsee.

Man wähnt sich in der Vergangenheit, ist aber im Sommer 2024. Im Kieswerk Grynau der Johann Müller AG Schmerikon wird am frühen Morgen das Ledischiff Grynau mit Kies und Sand beladen. Bis die drei Schiffsbauchabteile mit je 65 Kubikmetern Fassungsvermögen beladen sind, dauert es rund eine Stunde. Während der Sand leise in das Schiff rieselt, kommen Kindheitserinnerungen hoch. Dies ist aber ein riesiger «Sandkasten».

Damit die Ladung gleichmässig verteilt wird, müssen Schiffsführerin Sonja Keller (46) und Schiffsführer Robert Volgger (59) das Schiff immer wieder in die richtige Position bringen. Dann beginnt die Reise mit der Ausfahrt auf den engen Linth-Nebenkanal, auf dem das Schiff in Richtung Zürichsee zum Zielort Hurden gleitet. «Jede Fahrt ist ein kleines Abenteuer und erfordert höchste Aufmerksamkeit und Konzentration», erklärt Schiffsführer Robert.

Die Malerin und der Maler
Der gelernte Maler ist seit 2013 bei der JMS und liebt es, grosse und schwere Schiffe sicher zu bewegen. Neben Kiestransporten führt er für die Firma auch viele Fahrgastschifffahrten aus. Auch Schiffsführerin Sonja Keller erlernte ursprünglich den Malerberuf. Seit 2019 ist die sportbegeisterte Frau mit grossen Schiffen unterwegs. Erst auf dem Boden- und dem Walensee, und seit zweieinhalb Jahren für die JMS auf dem Zürichsee. «Diese Arbeit wird nie langweilig! Jeder Tag bringt neue Herausforderungen mit sich», sagt sie, während wir im idyllischen Nebenkanal sanft an Enten und Wasservögeln vorbeituckern. Sonja übernimmt das Steuer. Nach der meditativen Fahrt auf dem Nebenkanal beschleunigt Robert auf dem Obersee das Ledischiff auf 14 Stundenkilometer. Während Sonja das Steuer übernimmt, gibt er Details zum Schiff bekannt. «Angetrieben werden wir von zwei 4-Zylinder GM-Detroitdiesel-Motoren. Das Schiff ist 40 Meter lang und 7,4 Meter breit. Das Leergewicht beträgt 80 Tonnen. Gebaut wurde es zwischen 1967 und 1969.» Weiter erfahre ich, dass die MS Grynau zwar das grösste, aber auch das jüngste Ledischiff der JMS ist, die es 2001 als «Occasion» erwerben konnte. Zuvor war es auf dem Walensee unterwegs. Der Begriff «Ledi» stammt vom Mittelhochdeutschen «Lede», was Ladungbedeutet. Das Ledischiff ist bis heute durch seine hohe Ladekapazität das rationellste und umweltfreundlichste Transportmittel. Die Schmerkner Firma fährt mit ihnen die Umschlagplätze Hurden und Stäfa an. Zwei Ledischiffe hat sie zu Eventschiffen umgebaut, die durch Firmen, Privatpersonen oder Vereine genutzt werden.

Mitten durch Villen und Yachten
Inzwischen sind wir bei gedrosseltem Tempo bei der Einfahrt Hurden angekommen, wo es gilt, die MS Grynau zwischen prächtigen Villen und Yachten sicher zur Anlegestelle zu manövrieren. Dort löst Sonja die 300-Tonnen-Ladung mit einem grossen Schaufelbagger. Kies und Sand laufen über ein Förderband in Stahlsilos und werden entweder weitertransportiert oder vor Ort zu Beton/Mörtel verarbeitet. Die Ledischiffe der JMS verkehren bei praktisch jedem Wetter. «Bei Nebel und Wind ist zusätzliche Vorsicht geboten, sonst kann es gefährlich werden», sagt Sonja bei der kurzen Kaffeepause in der Containerstube. Nach der gründlichen Reinigung von Förderband und Schiff steht schon die Rückfahrt mit dem entladenen Schiff an, das jetzt «nur» noch 80 Tonnen plus die 85 Kilo des Schreibenden wiegt. Sonja und Robert lachen lauthals heraus.

Timos Seesicht
In der Sommerserie «Timos Seesicht» begleitet Bildredaktor Markus Timo Rüegg verschiedene Wasserfahrzeuge und deren Kapitäne auf dem Zürich- und dem Walensee. Dabei erzählt er die Geschichten hinter dem Steuer, die Abenteuer mit Wind und Wellengang und spricht mit den Menschen, die sie erlebt haben. Heute geht die Fahrt mit dem Ledischiff MS Grynau auf dem Seitenkanal der Linth über den Oberen Zürichsee bis zum Umschlagplatz der Johann Müller AG in Hurden. (lz)

Der Artikel stammt aus der Linth-Zeitung vom 21.07.2024.